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Allgemeines über Drahtseile
1. Veränderte Tragfähigkeiten von Anschlagseilen auf Grund der Einsatztemperatur
Besonders ist auf die maximalen Temperaturen von Anschlagseilen im Einsatz zu achten, was sich im Anwendungsfall schwierig umsetzen lässt. Eine Unterschätzung der entsprechenden Temperaturen muss aber dringend vermieden werden. Diese Tabelle stellt die notwendige Veränderung der Tragfähigkeit auf Grund des Temperatureinflusses dar und berücksichtigt dabei die Art der Seilendverbindung, des Pressklemmenwerkstoffes und der Seileinlage.
Werden Anschlagseile aus Stahldrahtseilen innerhalb der zulässigen Temperaturbereiche, die in der Tabelle angegeben sind, verwendet, hat dies keine dauerhafte Minderung der Tragfähigkeit zur Folge, wenn das Seil wieder auf Normaltemperatur abgekühlt wird. Werden Anschlagseile aus Stahldrahtseilen bei Temperaturen bis -40°C eingesetzt, werden diese nicht negativ beeinflusst und somit ist auch keine Minderung der Tragfähigkeit erforderlich. Bei der Verwendung von Anschlagseilen aus Stahldrahtseilen bei Temperaturen unterhalb -40°C muss der Hersteller befragt werden.
2. Drahtseilausführungen
Seildraht
Die Oberfläche der Drähte ist blank (U), verzinkt (B) oder dickverzinkt (A). Wir verwenden Seildraht als Runddraht aus Stahl nach EN 10264-3 in Seilfestigkeitsklassen von:
- 1570 (160 kp/mm²)
- 1770 (180 kp/mm²)
- 1960 (200 kp/mm²)
- 2160 (220 kp/mm²).
Litzen - Konstruktion der Litzen
Eine Litze besteht aus einer oder mehreren Lagen von Seildrähten, die schraubenlinienförmig um einen Kern gewunden (geschlagen) sind. Dieser Kern besteht aus einem oder mehreren Rund- oder Formdrähten oder aus einer Fasereinlage.
- Seale-Litze: Die Anzahl der Drähte beider Lagen sind gleich. Die Drähte der äußeren Drahtlage sind dicker als die der inneren; innerhalb jeder Lage haben sie den gleichen Durchmesser. Die Außendrähte liegen in den von den dünneren Innendrähten gebildeten Rillen.
- Warrington-Litze: Die Innenlage besteht aus Drähten gleichen Durchmessers. Die äußere Lage besteht aus der doppelten Menge und zwar abwechselnd dicken und dünnen Drähten. Die dickeren Drähte der Außenlage liegen in den von den Drähten der Innenlage gebildeten Rillen.
- Filler-Litze: Die äußere Lage enthält gegenüber der inneren die doppelte Anzahl von Drähten. In den Lücken der von den Innendrähten gebildeten Rillen liegen dünnere Fülldrähte. In den von den Innendrähten mit den Fülldrähten gebildeten Rillen liegen die äußeren Drähte.
- Seale-Filler oder Warrington-Seale: Diese drei Ausführungen können auch wahlweise kombiniert in einem Arbeitsgang zu drei- oder mehrlagigen Litzen verseilt werden. z.B. Seale-Filler oder Warrington-Seale!
- Verbundlitze: Litzen, die sowohl Drahtlagen mit gleichem Schlagwinkel, als auch Drahtlagen mit gleichen Schlaglängen enthalten, werden als Verbundlitzen bezeichnet. Drahtseile aus parallelverseilten Litzen erreichen allgemein im Betrieb eine höhere Lebensdauer und sind für Triebwerksgruppen mit schwerem Einsatz besser geeignet als Drahtseile mit Standardverseilung.
Schlagrichtung
Unter Schlagrichtung der Litze versteht man die Richtung der Schraubenlinie des Seildrahtes. Litzen unterscheidet man in:
- rechtsgängige (Kurzzeichen z)
- linksgängige (Kurzzeichen s)
Kreuzverseilung (M)
Die Drahtlagen der Litze haben unterschiedliche Schlaglängen. Die Drähte zweier aufeinanderliegender Drahtlagen überkreuzen und berühren sich punktförmig. Litzen dieser Art enthalten im allgemeinen Drähte gleichen Durchmessers. Für die Verseilung jeder Drahtlage ist ein besonderer Arbeitsgang erforderlich.
Parallelverseilung
Sind bei Litzen mit mehreren Drahtlagen die Schlaglängen aller Lagen untereinander gleich, verlaufen die Drähte zweier aufeinanderliegender Drahtlagen zueinander parallel und berühren sich linienförmig. Die Drahtlagen haben unterschiedlich dicke Drähte. Sämtliche Drähte der Litze müssen in einem Arbeitsgang verseilt werden. Man unterscheidet drei verschiedene Grundausführungen (Seale, Warrington und Filler), bei denen jeweils der Litzenkern aus einem Runddraht besteht, um den zwei oder mehrere Drahtlagen geschlagen sind.
Schlagrichtung | Kreuzverseilung (M) | Parallelverseilung |
3. Konstruktion der Seile
Man unterscheidet Seile in einfacher Verseilung (Spiralseile) und Seile in mehrfacher Verseilung (Litzenseile). Ein Spiralseil besteht aus einer oder mehreren Lagen von Drähten, die schraubenlinienförmig teils rechts-, teils linksgängig um einen Kerndraht gewunden sind. Es gleicht damit im Aufbau grundsätzlich einer Rundlitze. Ein Litzenseil besteht im Allgemeinen aus einer oder mehreren Lagen Litzen. Die Litzen sind schraubenlinienförmig um einen Kern gewunden. Dieser Kern, auch Einlage genannt, kann aus einer Fasereinlage oder aus verseilten Drähten (Stahleinlage) bestehen. In Einzelfällen wird die Stahleinlage umsponnen oder umhüllt. Im Allgemeinen werden die Außenlitzen eines Drahtseiles in einem unabhängigen Arbeitsgang um den Kern verseilt. Dabei entstehen bei einer Stahleinlage Überkreuzungen zwischen Stahleinlage und Außenlitze.
Spiralseil | Litzenseil | |
Einlagen gibt es in folgenden Ausführungen:
- Fasereinlagen (Kurzzeichen FC): Naturfasereinlagen NFC oder Synthetikfasereinlage SFC
- Stahleinlagen (Kurzzeichen WC): Stahllitzeneinlage WSC, Stahlseileinlage IWRC, Stahlseileinlagen kunststoffummantelt EPIWRC
4. Seildurchmesser
Der Seildurchmesser ist der Durchmesser des um den Seilquerschnitt gezogenen Kreises.
Durchmesser Drahtseil | Messung des Durchmessers |
5. Erklärung einiger Berechnungsgrößen
- Füllfaktor: Der Füllfaktor ist das Verhältnis des metallischen Querschnittes zur Fläche des Seilquerschnittes.
- Metallischer Querschnitt: Der metallische Querschnitt ist die Summe der Querschnitte aller Drähte im Seil.
- Seilfestigkeit/Nennfestigkeit: Die Nennfestigkeit ist die Zugkraft des Drahtes in Newton (N) oder Kilopond (kp) bezogen auf 1 mm² (Quadratmillimeter).
- Rechnerische Bruchkraft: Die rechnerische Bruchkraft des Seiles ist das Produkt aus metallischem Querschnitt und der Nennfestigkeit der Drähte.
- Ermittelte Bruchkraft: Die ermittelte Bruchkraft des Seiles ist die Summe der einzelnen im Zugversuch festgestellten Bruchkräfte aller Drähte des Seiles.
- Wirkliche Bruchkraft: Die wirkliche Bruchkraft wird durch Zerreißen des Seiles im ganzen Strang festgestellt.
- Verseilfaktor: Der Verseilfaktor ist ein Erfahrungswert, der den Verseilverlust berücksichtigt.
- Mindestbruchkraft: Die Mindestbruchkraft des Seiles ist das Produkt aus rechnerischer Bruchkraft und Verseilverlust. Die Mindestbruchkraft muss beim Zerreißen des Seiles im ganzen Strang erreicht werden.
6. Schlagarten und Schlagrichtung
- Kreuzschlag: Die Drähte in den Litzen haben die entgegengesetzte Schlagrichtung wie die Litzen im Seil.
- Gleichschlag: Die Drähte in den Litzen haben die gleiche Schlagrichtung wie die Litzen im Seil.
Kreuzschlag | Gleichschlag |
7. Drehungseigenschaften
- Drehungsarme Seile: Drehungsarm ist ein Drahtseil, wenn es unter Einwirkung einer ungeführten Last eine verminderte Drehung erzeugt. Diese Eigenschaft wird nur durch besondere Seilmacharten (nicht etwa durch Verformen) erreicht, z.B. bei Seilen mit mehreren, entgegengesetzt geschlagenen Lagen von runden oder flachen Litzen oder bei geflochtenen Seilen, z.B. Litzen-Spiral-Machart Seilklasse 18x7 und Seilklasse 34(M)x7.
- Spannungsarme Seile: Bei spannungsarmen Drahtseilen ist die aus der Verseilung herrührende elastische Rückfederung ganz oder nahezu beseitigt. Der spannungsarme Zustand wird durch Vorformung von Drähten und Litzen vor der Verseilung erzielt. Die Litzen der Seile können nicht aufspringen. Durchschnittene Seile behalten ohne Abbinden ihre Lage bei. Alle Litzen sind gleichmäßig gestreckt, somit verteilt sich die Belastung gleichmäßig auf alle Einzeldrähte im Seil.
8. Wartung und Überwachung
Der Seiltrieb muss regelmäßig gewartet und überwacht werden. In vielen Fällen ist die Art der Überwachung in Vorschriften,
Normen und Richtlinien festgelegt (z.B. DIN 15020, BO Seil, ISO 4308, ISO 4309). Die Art der Überwachung und die Beobachtungen sind in einem Überwachungsbuch (Kranbuch, Aufzugsbuch) festzuhalten. Die Wartung und Überwachung umfasst: Fettung, sowie Kontrolle der Seile, Endverbindungen, Scheiben, Rollen und Trommeln.
Kontrolle des Seiles auf Drahtbrüche, Verschleiß und Korrosion
Das Seil ist in bestimmten Zeitabständen auf der ganzen Länge, insbesondere auf den über Rollen laufenden Seilstücken und an den Endbefestigungen auf Drahtbrüche, Verschleiß, Korrosion und Verformungen zu untersuchen. Bei Erreichen der durch Betriebsvorschriften festgelegten oder von Fall zu Fall festzulegenden Werte von zulässigen Drahtbruchzahlen, Verschleiß, Korrosion, Betriebszeit, Förderleistung usw. ist das Seil abzulegen.
Kontrolle der Endverbindungen
Gespleißte Endverbindungen müssen auf Drahtbrüche und auf eventuelles Rutschen der Einstecklitzen untersucht werden. Vergossene Seilenden sind in gewissen Zeitabständen unmittelbar am Austritt aus dem Vergussmetall auf Drahtbrüche und Korrosion zu untersuchen. Sobald sich dort Drahtbrüche und Korrosion zeigen, muss der Seilkopf abgeschnitten und der Verguss erneuert werden.
Für bestimmte Betriebe ist durch Betriebsvorschriften (z.B. bei Seilbahnen BO Seil) vorgeschrieben, dass die Vergussköpfe in bestimmten Zeitabständen abzuschneiden und durch Neuvergießen zu erneuern sind. Lösbare Endverbindungen (Klemmkauschen, Seilklemmen) sind auf Drahtbrüche und evtl. Rutsch zu untersuchen. Auch hier kann durch Betriebsvorschriften ein Erneuern der Klemmverbindung in bestimmten Zeitabständen gefordert werden. Pressverbindungen müssen auf Drahtbrüche, Risse in den Pressklemmen, Verschleiß an den Pressklemmmen und auf evtl. Seilrutsch untersucht werden.
Fettung
Gefettete Seile müssen zur Minderung der inneren und äußeren Reibung nachgefettet werden. Über Rollen laufende Seile werden mit Öl an der Biegung des Seiles gefettet. Nicht über Rollen laufende Seilstrecken können auch mit Seilfett nachgefettet werden. Stehende Seile können durch Fett oder durch Anstrich vor Korrosion geschützt werden. Bei gummigefütterten Rollen ist darauf zu achten, dass der Gummi durch das Fett nicht zerstört wird.
9. Einteilung von Drahtseilen nach dem Verwendungszweck
- Laufende Seile: Hierunter versteht man Seile, die über Rollen, Scheiben und Trommeln laufen und dabei deren Krümmung annehmen. (z.B. Aufzugseile, Hubseile, Kranseile, Schrapperseile und Zugseile für Seilbahnen)
- Stehende Seile: Unter „stehenden Seilen“ versteht man Seile, die vorwiegend fest eingespannt sind und nicht über Rollen bewegt werden. (z.B. Abspannseile für Masten und Ausleger, Führungsseile für Aufzüge)
- Tragseile: Tragseile sind Seile, auf denen Rollen von Fördermitteln laufen. Sie haben eine ähnliche Funktion wie Laufschienen. (z.B. Tragseile für Seilbahnen, Kabelkrane, Kabelschrapper)
- Anschlagseile für allgemeine Zwecke: Eine Anordnung von Komponenten, die einen oder mehrere Einzelstränge oder ein Endlos-Anschlagseil umfasst und für unterschiedliche Hebevorgänge vorgesehen ist, jedoch nicht für einen einzelnen speziellen Hebevorgang entwickelt wurden.