Kantenschutz
Neben äußeren Faktoren, wie Temperatur, chemischer Umgebung und mechanischer Beanspruchung, ist die „Scharfe Kante“ nach wie vor eine der Hauptursachen für Schäden am Anschlagmittel selbst und damit eine häufige Unfallursache. Die meisten Beschädigungen an scharfen oder rauen Kanten entstehen durch die Bewegung der Last quer zum Anschlagmittel, Relativbewegung genannt. Ist die Kante „scharf“, kann sie das Anschlagmittel im schlimmsten Fall durchtrennen. Schiebt sich die Last in seitliche Richtung, entsteht eine schneidende Bewegung an der Kante. Vergleichbar mit der Klinge eines Messers, kann die Kante ein ungeschütztes Anschlagmittel durchtrennen. Für das Handling von scharfkantigen Lasten wird oft improvisiert und eine unzureichende Lösung gefunden: So findet unter anderem ein Stapel Handschuhe oder Pappe als Kantenschutz Verwendung. Dies kann zu Unfällen mit tödlichem Ausgang führen. Potenziell scharfkantige Maschinenbauteile können schon vor oder während der Konstruktion Hand in Hand mit unseren Spezialisten aus der Hebetechnik so geplant werden, dass scharfe Kanten durch montier- und demontierbare Anschlagpunkte an der Last umgangen werden. Der direkte Kontakt zwischen Anschlagmittel und Bauteil wird auf diese Weise vermieden. Auf den Einsatz von Kanten- und Abriebschutz kann im o. g. Fall verzichtet werden. Sogenannte „grobe Lasten“ mit robuster Oberfläche und schneidenden Kanten, wo Kratzer und Einkerbungen keine große Rolle spielen und die nicht durch physische Krafteinwirkung wie Greifen oder Schieben beschädigt werden, können durch Greifer versetzt oder mit schweren Ketten/Drahtseilen in Kombination mit einem Kantenschutzwinkel gehoben werden. Im Unterschied zu groben Lasten müssen sensible Konstruktionen mit scharfen Kanten besonders schonend behandelt werden. Hierzu eignen sich textile Anschlagmittel wie Hebebänder oder Rundschlingen. Beim Anheben oder Versetzen dürfen Gut und textile Anschlagmittel nicht beschädigt werden. Schnittschutzschläuche aus Polyurethan-Elastomer oder HMPE Hochleistungsfaser wahren die schonende Eigenschaft der textilen Anschlagmittel und schützen diese vor Einschneiden durch die scharfe Kante.
1. Richtlinien und Gesetze
DGUV Regel 100 – 500 [BGR 500] Kap. 2.8, 3.11.1:
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen und die Versicherten haben zu beachten, dass Lastaufnahmeeinrichtungen so verwendet werden, dass Schäden, die zu einer Beeinträchtigung der Tragfähigkeit führen können, vermieden sind. Insbesondere ist Folgendes zu beachten:
1. Seile, Ketten und Hebebänder dürfen nicht über scharfe Kanten von Lasten gespannt oder gezogen werden. Kanten gelten als scharf, wenn der Kantenradius der Last kleiner ist als
- der Durchmesser des Seiles,
- die Dicke des Hebebandes,
- die Nenndicke der Rundstahlkette.
- […] Durch die Verwendung von Kantenschützern kann eine ausreichende Rundung der Kante erreicht werden.
- 3.11.1 Lastaufnahmeeinrichtungen sind so zu verwenden, dass Schäden, die zu einer Beeinträchtigung der Tragfähigkeit führen, vermieden werden.
- 3.11.1.1 Ungeschützte Hebebänder/Rundschlingen dürfen nicht über scharfe Kanten oder raue Oberflächen gezogen werden.
Produktsicherheitsgesetz:
Die Umsetzung der Richtlinie 89/391/EWG in deutsches Recht erfolgte mit dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vom 12.06.1989. Daraus ergeben sich konkrete Pflichten für den Unternehmer:
- Gefährdungsbeurteilung für alle Arbeitsplätze und Maschinen
- Information und Unterweisung der Beschäftigten
- Dokumentationspflicht
Betriebssicherheitsverordnung:
Weitere europäische Richtlinien sind per 03.10.2002 mit der Betriebssicherheitsverordnung in deutsches Recht umgesetzt worden. Die Betriebssicherheitsverordnung überträgt die Organisationspflicht für Maßnahmen des Arbeitsschutzes auf den Arbeitgeber.
Arbeitgeberpflichten:
Der Arbeitgeber muss folgenden Punkten besondere Aufmerksamkeit schenken:
- Gefährdungsbeurteilung
- Prüfung der Beschaffenheit von Arbeitsmitteln
- Festlegen von Arbeitsschutzmaßnahmen für das Benutzen der Arbeitsmittel
- Erstellen von schriftlichen Betriebsanweisungen für den Umgang mit Arbeitsmitteln
- Mitarbeiterschulung
- Dokumentationspflicht
Arbeitnehmerpflichten:
- Maschinen, Geräte, Werkzeuge, gefährliche Stoffe, Transportmittel und sonstige Mittel ordnungsgemäß zu benutzen
- die persönliche Schutzausrüstung zu benutzen und nach der Benutzung am dafür vorgesehenen Platz zu lagern
- Schutzvorrichtungen nicht außer Betrieb zu setzen, willkürlich zu verändern oder umzustellen und diese Schutzvorrichtungen ordnungsgemäß zu benutzen
- dem Arbeitgeber oder einer von ihm beauftragten Person jede von ihm festgestellte Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden
- gemeinsam mit dem Arbeitgeber bzw. einer von ihm beauftragten Person darauf hinzuwirken, dass die Ausführung aller Aufgaben und die Einhaltung aller Auflagen, die die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz beschreiben, ermöglicht werden
- gemeinsam mit dem Arbeitgeber bzw. einer von ihm beauftragten Person darauf hinzuwirken, dass der Arbeitgeber gewährleisten kann, dass das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen sicher sind und keine Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit innerhalb des Tätigkeitsbereichs der Arbeitnehmer aufweisen.
2. Definition "Scharfe Kante"
Eine scharfe Kante per Definition wird häufig als solche gar nicht erkannt, weil die Kante als rund und unscharf gesehen wird. Eine scharfe Kante liegt bereits dann vor, wenn der Kantenradius „r“ kleiner als die Materialstärke „d“ des Anschlagmittels ist. Ist der Kantenradius unter 2 mm, sprechen Experten sogar von einer „Superscharfen Kante“. Die Definition der „Scharfen Kante“ wurde ursprünglich für Anschlagdrahtseile entwickelt, jedoch nicht an die Entwicklung von Rundschlingen angepasst. Diese Problemstellung wurde durch SpanSet, unter Mitwirkung der Berufsgenossenschaft und der DEKRA, in einer umfangreichen Versuchsreihe untersucht.